Dienstag, 20. Februar 2007

Curt Cobain wäre heute 40

Mann, mann, mann ... wie die Zeit vergeht. Ich mein, ich hab keine Ahnung, wie alt Curt war, als "Smells like Teen Spirit" rauskam, aber er war eben auch zeitlos. Eine echte Ikone. Seine Stimme, sein Verhalten, die Musik, das traf für mich damals alles zu 100% den Zeitgeist: zerrissen, hilflos und alles voller (Welt-)Schmerz.

Als "Smells like Teen Spirit" damals losdröhnte, war ich grade in Paris bei meiner Schwester. Mitten im Araberviertel, nahe der U-Bahnstation "Stalingrad". Ihre Wohnung war im dritten Stock, Innenhof und man war live am Leben der Großfamilien, die da auf 10 Quadratmeter lebten, beteiligt. Ein unfassbarer Lärm aus Geschrei, arabischer Musik, Kochlärm, Hämmern, Klopfen und Großstadtbrummen. Genau gegenüber wohnte eine Familie mit nem circa 5-jährigen Jungen, der nackt mit einem M16-Spielzeuggewehr durch die Wohnung rannte. Er schoss ständig auf mich. Auch wenn er grade vom Balkon pisste. Jihad.

"Smells like Teen Spirit" kam wie das Schwert Gottes zu mir. Mein Gegen-Jihad bestand darin, den Innenhof pausenlos mit voll aufgedrehter Anlage zu beschallen, denn auf irgendeinem Radiosender lief das Lied immer. Ich glaub, irgendwann wären die Innenhof-Mitbewohner sogar zu einem akustischen Waffenstillstand bereit gewesen, aber da war ich dann schon wieder auf dem Weg nach Berlin. Dort kannte das Lied noch niemand, und in den Plattenläden schauten mich auch viele dämlich an, als ich danach fragte.

However: heute wär Curt 40 geworden. Am 5. April 1994 hat er sich erschossen.

Das nur so am Rande. Hör auch heute noch gern Nirvana, wenn ich SF lesen. Wie viele SF-Bücher wohl geschrieben wurden, während Nirvana im Hintergrund lief? Hm.

2 Kommentare:

Hannes Riffel hat gesagt…

Ja, komisches Gefühl. Ich hab in meinem Leben ungefähr dreimal MTV geschaut (mein Magen ist nur begrenzt belastbar), und einmal war bei den Eltern meiner damaligen Freundin, wir hockten halt so im Wohnzimmer rum und glotzten, während in der Küche gewerkelt wurde. Und dann gingen so Gerüchte übern Bildschirm, Cobain sei tot, geradezu gespenstisch, keiner wusste was Genaues, und plötzlich -- Selbstmord.
Irgendwie hat mich das getroffen, fast so sehr wie der Tod von John Lennon früher, da war ich noch eine Teenie, wollte gerade in den Jugendclub losziehen, und womm, die Ikone meiner Jugend (hm, wohl eher Kindheit) ist erschossen worden.
Alles schon verdammt lang her, wie olle Wolf (Niedecken, nicht Tress) sagen würde. Aber immer noch präsent.

Anonym hat gesagt…

Ulkig, dass ich Cobains Tod so aufgenommen hatte, als ob er angekündigt worden wäre. Irgendwie hatte ich gar nicht damit gerechnet, dass Cobain es lange machen würde. Als ein Jahr später Jerry Garcia gestorben ist, das hat mich richtig getroffen.

Es ist ungerecht, so etwas zu sagen, und unschön, aber ich habe Cobain/Nirvana nicht als ein Künstlerteam begriffen, das allmählich ein Lebenswerk entfaltet, sondern als eine Art Medium für den Zeitgeist, so kurz, so intensiv und so direkt, der Musik gewordene Stinkefinger. Here we are now, entertain us! Live is stupid.

Wie eine Wunderkerze oder ein Feuerwerk, viel Knall, viel Funken, aber nicht überlebensfähig. Die Kollegen von Pearl Jam haben ganz brav und genial gute Rockmusick gemacht, mit viel Druck und Energie. Aber sie haben sich dabei halt nicht selber abgefackelt. Wenn Cobain das gemacht hätte, eine Karriere mit zehn Studioalben, dann wäre Nirvana zu einer herkömmlichen Spitzenband geworden. So aber sind sie irgendwie dieses magische, unfassbare Ereignis geblieben: "hey! way! I got a new complaint!"

Wie gesagt, das ist Schwachsinn, denn der Tod eines Menschen ist einfach mal kein Kunstwerk. Aber so hab ich damals halt gefühlt. Wir waren diesem Geist so dankbar, der da kam und uns diese zwei Alben ("Bleach" braucht man trotz seiner Meriten nicht reinzuzählen) kredenzte und diesen einen Song, der genau das auf den Punkt brachte, was mit dem MTV-Erfolg wieder zunichte gemacht wurde. Wir stingefingernden, nullbockenden Wohlstandskinder saßen nun plötzlich vor der Glotze, vor dem CD-Player oder gingen ins Konzert und sagten zu unserem Grunge-Gott: Here we are now, entertain us! Da blieb ihm doch gar nichts anderes übrig, als sich umzubringen. Verfickter Zeitgeist!