Montag, 5. Februar 2007

Cordwainer Smith

Ich bin frustriert.

Ein bisschen sehr wenigstens.

Die gesamte Otherland-Crew sitzt jetzt gesellig in irgendeiner Raumhafenspelunke zusammen, und ich hab den Virgiranische Nasenhusten. Toll. (Der Crew-Gedanke kommt übrigens vom alten Namen UFO. UF0-Crew, die Rangbezeichnungen lauten Kapitän, Commander (aka Commandeuse) LeuK, Fähnrich (aka MaK -- Meister aller Klassen) und MoW aka Master of Weapons)

Jetzt muss ich wieder nen Monat warten, bis ich dabei sein darf. Wenn der Nasenhusten bis dahin weg ist. *schneuzhust*

Beim letzten Crew-Date ist mir nach dem vierten Hefe meine Digitalkamera in ein selbiges gefallen. Wollte ein Selbstauslöserbild von uns machen. Und hab Kamera auf frischem Hefe abgestellt. *plop* Ja, ich weiß, war nicht clever. Aber nach vier Hefen bin ich nicht mehr clever.

Okay, ich war bei meinem Frust. Nasenhusten. Eklig.

Anstatt also nun einen Donnergurgler (na, aus welchen SF-Buch stammt das Getränk?) nach dem anderen in mich zu kippen und über SF, Fantasy, Horror, Wissenschaft und das Crewmitglied, das grade pissen ist, zu dödeln, sitz ich auf dem Sofa, meine Füße am Heizlüfter, Sufjan Stevens im CD-Player, einen Kamillentee vor mir und einen Tag im Bett hinter mir.

Ich bin frustriert. Sogar ein bisschen genervt. Da dacht ich mir, ich mach was Produktives und schreibe, lese und so ... dabei fiel mir Cordwainer Smiths Norstrilia in die Hände. Und da hab ich mich erinnert, dass ich ja auch das Masterworks-Buch Nr. 10 The Rediscovery of Man von Smith hab. Und da fiel mir dann noch weiter ein, dass ich schon lang mal was von ihm lesen wollte. Hannes meinte nämlich mal, das könnte mir gefallen. Ich bin ja ein braves Crew-Mitglied und hab mir gleich mal das Masterworks-Buch mitgenommen. 12 Kurzgeschichten. Und irgendwoher hab ich auch das nicht mehr lieferbare Norstrilia gekriegt. So. Lag dann ne Weile bei mir rum. Oft beschnüffelt, aber nie angelesen. Bis heut. Heut ist Cordwainer Smith-Abend.

Zu Smith auch gleich noch ne Otherland-Geschichte.

Also, ich im Laden, kommt ein älteres Ehepaar rein, beide so um die 70. Er etwas überfordert mitten im Laden, sie zielstrebig zum englischen SF-Regal. Interessante Rollenverteilung, eher unüblich bei uns. Nach etwa 5 Minuten (Teller nicht gleich abräumen, immer erst ein bisschen verdauen lassen und dann nach Espresso-Wünschen fragen) tapse ich an ihm vorbei und geh zu ihr, frage, ob ich helfen kann. Sie schaut mich von oben bis unten an und meint "wahrscheinlich nicht". Darauf ich: "vielleicht doch". Naserümpfend sie: "Nun ja, können wir ja mal probieren. Ich such nen SF-Autoren, dessen Name mir entfallen ist. Er hat nicht viel geschrieben, ist aber sehr bekannt." Ohne zu zögern hab ich "Cordwainer Smith" gesagt, und in ihrem Gesicht ging echt was ab. Nachdem sie sich dann wieder etwas unter Kontrolle hatte meinte sie: "Junger Mann, ich könnt sie küssen." Darauf ich: "Nur zu." Eindringliches Räuspern aus dem vorderen Teil des Ladens. Ach ja, der Ehemann ...

Hab jetzt beide Vorwörter gelesen. Das eine, aus Norstrilia stammt von Robert Silverberg, das in dem Masterworks-Buch von J.J. Pierce (kenn ich nicht).

Smith war ja ne ziemlich interessante Person. Sein richtiger Name war Dr. Paul Linebarger, wurde 1913 in Milwaukee geboren und starb 1967. Aufgewachsen ist er in China, Japan, Frankreich und Deutschland. War in zahlreichen Kriegen als Soldat und später als Geheimdienstler/Berater und hat ein bis heute anerkanntes Buch über psychologische Kriegsführung geschrieben. Sprach 6 Sprachen. Scheint ein verrückter Vogel gewesen zu sein. Oder eben auch nicht. Silverberg schreibt, dass er nie in Kontakt zu anderen Autoren oder Lesern getreten ist und bis zu seinem Tod eigentlich immer ein bisschen unklar war, wer Smith nun wirklich ist.

Sein erstes Auftreten hatte er 1950 in einem Magazin mit der Geschichte "Scanners Live in Vain" (ist mit in dem Masterworks Sammelband drin), die alle ziemlich sprachlos zurückließ. Dann erstmal lange nichts, und dann bis zu seinem Tod laut Silverberg um die 30 SF-Stories und ein Roman. Er scheint auch ne abgefahrene Erzähltechnik verwendet zu haben, die er wohl aus seinen Chinesisch-Kenntnissen gebastelt hat. Bin gespannt. Werd jetzt mal lesen. Erstmal "Scanners Live in Vain".

Bin schon ein bisschen weniger frustriert. Ob die Crew mich überhaupt vermisst??? *schnüff*
*schneuzhust*

4 Kommentare:

ANDREAS STEINHÖFEL hat gesagt…

Gute Besserung, du armes Verschneuztes!

Ich lerne jetzt mal diesen Dialog auswendig, den die ältere Dame bzgl. Mr. Smith mit dir geführt hat. Vielleicht funktioniert das mit dem Knutschen ja auch mit mittelalten Herren :))))

Anonym hat gesagt…

Und wie wir Dich vermisst haben, o Du Meister aller Waffen! Unser Bier hat ganz scheiße geschmeckt, weil uns Ströme der Zären dareingeflossen sind, so haben wir geheult, es war überhaupt kein Spaß, salziges Nass in unserem Trunke, über den ganzen Tisch hat's gestunken, auf jedem Teller massenweise totes Tier, Kadaverberge, wo war der Broccoli, um diese Dünste mit seinem Dufte zu versüßen, wir haben mit dem Besteck und den Zähnen geklappert, denn, ach Du, unser Lieber, warst nicht da, es gibt keine Gerechtigkeit in der Welt, Happy Ends sind Humbug, wer hat denn je eins gesehen, haben wir etwa eins gesehen in unserer trostlosen Kneipe gestern spät? Nein, es hat geendet wie es begann: in abgründiger Verzweiflung, de profundis clamabamus ad te, doch Du hast nicht geantwortet, Du hast Cordwainer Smith geselen und Deine Nase geschneuzt, und während Du lektürehalber mit "Scanners live in Vain" anhubst, tranken wir umsonst, ein eitles Haschen nach Linderung unsres Schmerzes, doch der Kummer wollte nicht weichen ...

Sei an unserem Busen gesund geherzt!

Der Otherlander hat gesagt…

Oh.... ich bin gerührt... *seufz*

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website otherlander.blogspot.com Links tauschen